Im Altenheim, wird der ganz normale Wahnsinn, Marke ‚aufopferungsvolle Altenpflege‘ aufgeführt. Die pflegebedürftigen Greise sind gebrechlich, dement, voll absurder Marotten, ich-bezogen und verbiestert. Die drei jungen Betreuerinnen wissen nie ob die bösartigen Hilflosigkeiten, die ewig vollen Windeln, das Sabbern und Spucken, der Gedächtnisschwund und die Anzüglichkeiten gespielt sind oder echt! Der Zuschauer ist hin und hergerissen zwischen Mitleid und Grauen und sieht doch nur seine eigene Zukunft. Dabei wird mehr und mehr deutlich, dass es weniger um die Alten geht, sondern darum welche Perspektiven den jungen lebensprallen Pflegerinnen angesichts dieses täglichen Totentanzes noch bleiben. Wie ertragen sie das Pflegeelend, ohne selber auf der Strecke zu bleiben? In aphoristisch verdichteter kunstvoller Sprache treibt die Autorin Theresia Walser ihre albtraumartige Zustandsbeschreibung solange auf die Spitze, bis das ganze abgründige Ausmaß der hollywoodreif inszenierten Lösungen der drei Heimschwestern sichtbar wird.
Was wir erleben, sind die Folgen des demographischen Wandels. Eine stetig steigende Lebenserwartung bei rasant sinkender Geburtenrate. Die Überalterung unserer Gesellschaft bei der immer weniger Erwerbstätige immer mehr Alte ernähren müssen. Die Infragestellung des Generationenvertrages. Das ist die brandaktuelle Problembasis auf der dieses, Ende der Neunziger Jahre geschriebene Stück fußt, mit dem seine Verfasserin zu Autorin des Jahres gekürt wurde.
Ein glänzendes schwarzhumoriges Bühnenstück mit herrliche Rollen, unerwarteten Wendungen, gelungen zugespitztem Text, das packt, unterhält und zu Diskussionen einlädt.
Über die Autorin:
Theresia Walser, Tochter des Autors Martin Walser besuchte, nachdem sie ein Jahr lang in der Altenpflege gearbeitet hatte, von 1990 bis 1994 die Hochschule für Musik und Theater Bern, wo sie eine Schauspielausbildung absolvierte. Sie war zwei Jahre lang Ensemblemitglied am Jungen Theater in Göttingen. Sie lebt als Schriftstellerin u. a. in Berlin, Mannheim und Freiburg im Breisgau.
Theresia Walser ist Verfasserin von Theaterstücken, die als Gegenentwurf zum gängigen Bühnen-Realismus gedacht sind und deren ungewöhnliche, poetische Sprachkunst von der Kritik einhellig gelobt wird. Sie wurde 1998 von der Jury der Zeitschrift „Theater heute“ zur Nachwuchsautorin des Jahres gewählt; im gleichen Jahre erhielt sie den Förderpreis des Schiller-Gedächtnispreises des Landes Baden-Württemberg.